Reisen zum Hören - Um die Welt mit Stefan Wintermeyer

Altstadt Barcelona

Foto aus der Altstadt

Im Juni 2018 war ich in Barcelona und habe diesen Podcast zur Altstadt aufgenommen. Mein sehr guter Guide war Alexander Steindorff.

Transkription

[00:00:09] Kapitän Einen schönen guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Name ist Peter UNVERSTÄNDLICH, Ihr Kapitän auf dem Wege nach Barcelona. Herzlich willkommen an Bord im Namen der Lufthansa und der gesamten Crew. Tut mir leid, wir sind spät dran. Seit 11 Uhr warten wir hier, dass wir losfliegen dürfen. Haben Sie deswegen –

[00:00:26] Stefan-Off Heute geht es also nach Katalonien, nach Barcelona. Ich war im Juni 2018 für ein paar Tage beruflich in Barcelona und habe die Chance genutzt, mir die Altstadt anzuschauen. Dafür habe ich mir einen Guide gebucht, den Alexander Steindorff, und das war ein absoluter Glücksgriff. Ein super Guide. Wahnsinniges Wissen, kennt alles, spricht Deutsch fließend, spricht Katalanisch fließend. Also wirklich perfekter Guide. Der hat auch eine Webseite: Katalonienbesuch.com. Wer mal dahin kommt und einen Guide braucht – kann ich nur empfehlen. Wo wir gerade beim Flugzeug waren, noch ein Tipp: Wenn man die Chance hat, den Fensterplatz auf der rechten Seite buchen, dann kann man nämlich, wenn man über das Meer anfliegt, Barcelona sich anschauen und sieht dabei die Planstadt [Wikipediaseite dazu] also das Schachbrettmuster. Darauf kommt der Guide gleich noch mal zu sprechen, aber das kann man vom Flugzeug aus sehr, sehr gut erkennen. Wir haben uns getroffen am Plaça de Catalunya vor der Bank von Spanien und da blende ich jetzt direkt ein.

[00:01:43] Guide (Alexander Steindorff) Gut, ja, dann wollen wir mal so ein bisschen starten, Barcelona kennenzulernen. Ja, vielleicht mal als erstes wichtig, wenn man sich nicht so in Barcelona auskennt: Wir haben ja in Barcelona zwei Städte. Eigentlich zwei markante Stadtteile hinter uns. Die Altstadt, die große, enge, verwinkelte, organisch gewachsene. Also da werden wir jetzt also in den nächsten Stunden unterwegs sein, aber ich wollte auch darauf hinweisen, das ist Plaça de Catalunya. Das ist der zentrale Hauptplatz und von hier nach oben ist UNVERSTÄNDLICH, heißt, ist eine komplett andere Stadt zu sehen, nämlich so eine ganze Stadterweiterung.

[00:02:15] Stefan Ok.

Das ist wichtig. Wenn Sie mal auf den Stadtplan schauen, ist da ein Schachbrett zu erkennen. Europas größtes Schachbrett. 1200 quadratische Häuserblocks, die entstanden, als die mittelalterlichen Mauern, die hier an dieser Häuserfront vorbeiliefen, abgerissen wurden 1869. Mittelalterliche Mauern standen noch 1860, wurden dann abgerissen. Dadrin lebten 180.000 Menschen in der Altstadt.

[00:02:37] Stefan Wow.

[00:02:38] Guide Das ist Europas größte Altstadt. Ein riesen Ding, kein Kaff und drüben grüne Wiese. Sehr interessant, auch sehr interessant für Spanien, dass man damals dachte: “Ok, die Stadt wird sich sicherlich erweitern, sie wird größer werden, also muss das Ganze irgendwie geplant werden”, schon erstaunlich, in Spanien wurde damals eigentlich relativ wenig geplant. Ja, und man plante dann auf der grünen Wiese von hier nach oben diese bekannten 1.200 quadratische Häuserblocks, die immer ganz genau eine Seitenlänge von 113m haben.

[00:03:07] Stefan Ah.

[00:03:08] Guide Die Straßen kreuzen sich immer rechtwinklig. Sie sind 20m breit bis auf die Hauptstraßen und Durchfahrtsstraßen, die 50m breit sind, und die Ecken der Häuserblocks – da hinten beginnt das Ganze – zeigen ganz genau nach den Himmelsrichtungen. Süden, Norden, Osten, Westen. Und noch viel besser, wenn Sie da so ein bisschen hinschauen, weil sonst können Sie mal da unterwegs sein, die Ecken sind alle abgeschrägt an den 1.200 quadratischen Häuserblocks. Der Stadtplaner hat sich damals vorgestellt, die Leute würden in seiner Zukunft auf privaten Straßenbahnen durch die Gegend fahren. Es gab schon Züge, aber noch keine Autos, also hat sich dieser Herr – der hieß Ildefons Cerdà – vorgestellt: “Ok, dann fahren sie sicherlich auf vielen privaten Straßenbahnen durch die Gegend”, und damit die vielen Straßenbahnen um die Ecke kommen, hat er systematisch an allen Häuserblocks die Ecken abschrägen lassen.

[00:03:52] Stefan Die Straßennamen, haben die auch ein System oder –

[00:03:54] Guide Nein, die Straßennamen sind historische Namen, die mit der Vergangenheit Kataloniens was zu tun haben. Sie sind in Barcelona angekommen. Barcelona ist die zweitgrößte Stadt in Spanien, aber die Hauptstadt Kataloniens. Darüber nachher mehr. Sie können mich gerne fragen, ja?

[00:04:08] Stefan Ok.

[00:04:09] Guide Interessantes, interessantes Thema. Sehr aktuell. Und diese Straßennamen heißen zum Beispiel Aragón, also Aragonien, Valencia, Mallorca, Provence und so weiter. Das sind die Regionen hier im Mittelmeerraum, die diesen Bezug gehabt haben zu dieser aragonesisch, katalanischen Krone, als es den Staat noch gab. Und dann auch natürlich historische Persönlichkeiten aus der katalanischen Vergangenheit. Also hier die Stadterweiterung, das zweite Barcelona. Europas größtes Schachbrett. Ja, und damit werden wir jetzt eigentlich das Ganze zurücklassen. Das wäre hier so da oben dieses Schachbrett – das gutbürgerliche Barcelona, das feinere Barcelona.

[00:04:46] Stefan Aha, ok.

[00:04:47] Guide Das entstehte, als die Mauern abgerissen wurden. Die Altstadt war eng, ist immer noch eng.

[00:04:51] Stefan Ja.

[00:04:51] Guide Verwinkelt. Damals hat es gestunken. Es hat übel gerochen, es gab Cholera-Seuchen. Die Leute, also die besseren oder betuchten Familien sind dann eben ausgezogen aus der Altstadt und haben sich da oben in der neuen Stadt, in der entstehenden Stadt ihre schönen Häuser gebaut im Kleptizismus, verschiedene Historismen, Klassizismus, aber sehr wichtig: Der Jugendstil. Das da oben ist die Jugendstil-Stadt und da endet – da inmitten dieser Jugendstil-Stadt stehen natürlich auch die Gaudí Gebäude. Die bekannte Sagrada Familia.

[00:05:19] Stefan Ja.

[00:05:19] Guide Alles, was in dieser Zeit eben nach dem Abriss der Mauern auf der neuen Stadterweiterung entsteht. Ja, und damit laufen wir jetzt hier runter in die Altstadt.

[00:05:32] Stefan Jetzt sind wir ja zu FuĂź unterwegs.

[00:05:33] Guide Wir sind zu FuĂź unterwegs, ja.

[00:05:35] Stefan Was sind jetzt für den typischen Touristen gute Fortbewegungsmöglichkeiten in der Stadt?

[00:05:40] Guide Die U-Bahn. [Wikipediaseite zur U-Bahn]

[00:05:41] Stefan U-Bahn.

[00:05:42] Guide Die U-Bahn. Also ich würde vorschlagen, sich in Barcelona mit der U-Bahn fortzubewegen. Die U-Bahn kommt bei uns an Werktagen alle 2,5 Minuten vorbeigefahren. Am Wochenende braucht sie ein bisschen länger, 4 Minuten, auf allen neun Linien in allen Richtungen. Und zu dem Spottpreis von 1€. Wenn der Tourist, also wenn der Zehnerkarte fährt, kostet jede Fahrt in Barcelona nur 1€ und es gibt in Barcelona keine Zonen. Wichtig: Wenn man aus Deutschland kommt, sollte man daran denken, wenn man hier so hochschaut, dass Spanien im Zweiten Weltkrieg neutral war. Also diese großen Bombenteppiche, die Flächenbombardierungen in Deutschland im Zweiten Weltkrieg, Ende des Zweiten Weltkrieges, die so viel kaputt geschlagen haben in den Großstädten.

[00:06:28] Stefan Ja.

[00:06:29] Guide Das fehlt hier komplett. Also wenn Sie jetzt ein bisschen hochschauen: Wunderschöne Bausubstanz. Das meiste heute aus dem 19. Jahrhundert, aber stellenweise im Zentrum der Altstadt vieles noch aus dem 17., 18. Jahrhundert.

[00:06:40] Stefan Eine Frage habe ich dazu schon.

[00:06:41] Guide Ja.

[00:06:42] Stefan Mir ist aufgefallen, dass viele Steine relativ grau sind. Ist das wegen dem Smog oder ist das –

[00:06:48] Guide Nein, nein, nein, das ist der Sandstein aus Barcelona. Barcelona ist eine Steinstadt. Barcelona hat zwei Hausberge. Der größere ist der Tibidabo, eigentlich unser Küstengebirge hier parallel immer zum Meer verlaufend, aber da gibt es am Hafen einen kleineren, der Montjuïc. Montjuïc bedeutet ganz einfach “Berg der Juden”. “Mont Juic” auf altkatalanisch, weil die Juden im Mittelalter dort oben ihren Friedhof hatten. Und dieser Montjuïc ist 2.000 Jahre lang der Steinbruch der Stadt Barcelona gewesen. Das ist ein siliziumhaltiger, harter Sandstein, der so ein bisschen hellbraun, gräulich aussieht. Mit diesem Sandstein – schauen Sie sich mal diese schönen Torbögen an –

[00:07:22] Stefan Ja, schon gesehen, ja.

[00:07:23] Guide Mit diesem Sandstein hat man in Barcelona 2.000 Jahre lang alles gebaut. Von den römischen Mauern bis hin zur historischen Fassade von Gaudí und der Sagrada Familia, die nämlich auch mit diesem Sandstein gebaut wurde. Deswegen hat Barcelona dieses hellbraun, gräuliche Aussehen.

[00:07:41] Stefan Ja, genau, das ist, was mir aufgefallen ist.

[00:07:44] Guide Aber Barcelona ist auch recht harmonisch, einheitlich. Hat ein Aussehen, hat einen Stil.

[00:07:48] Stefan Das stimmt.

00:07 Guide Es ist eine unzerstörte Stadt. Eine kleine Siedlung. Die Archäologen behaupten, hier hätten vielleicht so 3.000 Leute gelebt. Aber mit einem sehr, sehr langen Namen. Die Stadt hieß damals Colonia Iulia Augusta Faventia Paterna Barcino. Ich kann alles vergessen bis auf dieses letzte Wörtchen “Barcino”, denn da kommt der Name der Stadt Barcelona her. “Barcino”, “Barcinone”, noch im Mittelalter mit einem N. Barcelona heute. “Barcelona” auf Deutsch. Die Stadt heißt für die Katalanen “Barçalona” und da kommt dieses “Barça” her für die Fußballmannschaft. Die Stadt heißt aber auf Spanisch “Barcelona”. Das wird sehr gerne gelispelt in der spanischen Sprache. Damit haben wir so ein bisschen dieses Thema der Sprachen: Katalonien hat eine eigene Sprache. Das ist keine Mundart, das ist kein Dialekt, das ist nicht so wie sächsisch, schwäbisch oder bayerisch. Das ist eine eigene, uralte, romanische Sprache.

[00:08:41] Stefan Also auch eine eigene Grammatik.

[00:08:43] Guide Eine eigene Grammatik, Wörterbuch, Dichtung, Literatur seit dem Mittelalter. Also mit allem Drum und Dran, was zu einer richtigen Sprache gehört. Eine der romanischen Sprachen, die in Europa gesprochen werden.

[00:08:55] Stefan Wenn Kinder hier zur Schule gehen, was lernen die fĂĽr eine Sprache?

[00:08:58] Guide Katalanisch.

[00:08:59] Stefan Also haben die auch Spanisch im Unterricht oder –

[00:09:01] Guide Ja, ja.

[00:09:01] Stefan Als Fremdsprache oder –

[00:09:02] Guide Nein, nein, nein, um Gottes Willen, das wäre ein bisschen zu viel, bisschen zu – nein, als zweite Sprache, sagen wir mal so. Die erste Fremdsprache wäre Englisch. Ja, nein, also die Schulsprache ist Katalanisch, allerdings werden einige Fächer auch auf Spanisch gelehrt. Kommt natürlich auch auf die Lehre an. Einige sprechen ja Spanisch, andere weniger. Kommt darauf an. Natürlich kommt es auch darauf an, wo sich die Schule befindet. Barcelona ist sehr multikulti und Barcelona hat eigentlich nur so 50% der Bevölkerung, die also echte Katalanen sind. Der Rest sind auch viele Spanier aus anderen spanischen Regionen. In vielen Schulen in Barcelona ist die spanische Sprache auch stark präsent. In der Region ist es dann umgekehrt. Da ist eigentlich mehr so das Katalanische und es gibt also auch stellenweise in der Region Schulen, Ortschaften, Bezirke, wo nur Katalanisch gesprochen wird und die Schulsprache eben nur Katalanisch ist. Also im Prinzip per Gesetz wäre Katalanisch die erste Sprache, Spanisch die zweite, die in einigen Fächern gelehrt wird, und die erste Fremdsprache ist dann Englisch. Also dieses katalanische Problem und das baskische Problem sind eigentlich uralte Probleme in Spanien. Spanien tut sich historisch ziemlich schwer mit den eigenen Minderheiten. Der spanische Staat, der spanische Zentralstaat – so ein bisschen wie in Frankreich – ist immer der Meinung gewesen, die einzige, richtige Art und Weise Spanier zu sein, ist die kastilische. Also der richtige Spanier ist der, der Spanisch spricht, der Kastilisch spricht. Die Minderheiten sind keine ganz so richtigen Spanier. Eigentlich sollte es die nicht geben. Man müsste versuchen, die zu assimilieren, deswegen hat man ja auch versucht, denen in Zeiten der Diktaturen eben die Sprachen der Minderheiten zu unterdrücken, zu verbieten. Spanien hat sich historisch immer sehr schwer getan mit den Minderheiten und tut sich heute immer noch sehr schwer damit. Die Katalanen verstehen sich selber als ein Volk, also eine Nation. Sie haben eine Sprache, zur Sprache gehört die Identität, Kultur – sind eben eine Nation, ein Volk. Sind ja keine Kastilier. Ist auch richtig so und deswegen meinen sie: “Ja, wir könnten auch einen Staat haben wie zum Beispiel die Litauer, die Letten, die Esten, die Slowenen und so weiter”>, die Katalanen sind ja nicht dumm. Die haben ja gesehen, wie in den letzten 20, 25 Jahren jede Menge neue Staaten entstanden sind in Europa und deswegen sind sie der Meinung, dass sie genau das gleiche Recht haben. So, es geht hier weiter im gotischen Viertel. Es wird eng, wie Sie hier sehen.

[00:11:24] Stefan Sind die Häuser hier alle ungefähr gleich hoch?

[00:11:26] Guide Ja, die Häuser müssten – also im Prinzip gab es schon Bauvorschriften vor Jahrhunderten in Barcelona – vier, fünf Stockwerke hoch maximal. Es hat natürlich auch Zeiten gegeben, wo man das ein bisschen aufgestockt hat, wo man, wie gesagt, Bausünden reingestellt hat. Im Prinzip hat Barcelona dieses Aussehen, diese vier, fünf Stockwerke hohen Häuser. Das ist ja mehr so aus dem 19. Jahrhundert, was Sie jetzt hier gerade sehen können. Das gotische Viertel, also die Altstadt eigentlich. Die enge, verwinkelte Altstadt. [Gespräche im Hintergrund] Das ist eine bekannte Einkaufsstraße im gotischen Viertel mit vielen Geschäften, mit vielen Läden. Also auffällt: Hier wohnen überall Leute. Heute wohnen weiterhin 105.000 Barcelonesen in der Altstadt und unten sind auch viele Geschäfte. Natürlich auch internationale Marken oder sogar katalanische, spanische Marken. Mango ist aus Barcelona, Desigual ist aus Barcelona. Da gibt es natürlich auch noch die international bekannten Marken und natürlich auch sehr viele einheimische Ladenbetreiber, Unternehmer, die auf ihren eigenen Namen irgendwas verkaufen. Keine Tante-Emma-Läden. Schon sehr spezialisierte Fachgeschäfte. Es ist wirklich sehr interessant, in Barcelona spazieren zu gehen. Die ganze Stadt ist eigentlich eine Einkaufsstadt und wir haben ja vorhin über die Autos gesprochen. Was der Barcelonese nicht macht, ist das, was der Deutsche üblicherweise macht: Der Deutsche fährt alle 15 Tage mal raus in die Pampa, kauft ein, lädt seinen Wagen voll, fährt dann zurück und lädt alles aus. Er hat natürlich eine Garage, kann da wunderschön parken und kann in Ruhe dann auspacken und so weiter. Das kann der Barcelonese nicht, wie wir hier sehen können, also fährt der Barcelonese normalerweise nicht mit dem Auto raus in irgendwelche Shopping Center. Es gibt sie schon, aber eigentlich mehr so die Ausnahme. Der Barcelonese bewegt sich in der Stadt zu Fuß, geht einkaufen. Dafür haben wir die vielen Läden, Lädchen aller Art, auch viele Supermärkte, kleinere Gemüse- und Obstläden, die man ja an vielen Stellen sehen kann, und sehr wichtig für die Versorgung der Bevölkerung: 39 Märkte [Liste aller Märkte. Es gibt in Barcelona 39 Märkte, von denen 10 sehr schöne, große, historische Markthallen sind. Was man auch gerne macht in Barcelona, wenn man Zeit hat oder am Wochenende: Zum Beispiel in so einer Stelle einzukehren. Das könnte man als eine Schokolaterie bezeichnen, so eine Schokoladenbar oder Milchbar. Was gibt es denn hier? Dann hört man normalerweise Schokolade. Eine Tasse zähflüssige Schokolade lässt man sich geben mit Sahne drauf, dann tun Sie noch ein bisschen Zucker rein – da haben Sie vielleicht 5000 Kalorien in der Tasse – und dann wird eben in diese Schokolade dann Croissants, Ensaimadas aus Mallorca, Churros, die werden auf der Schale – jetzt haben sie die völlig ausverkauft. Gleich werden sie neue machen – Churros, so ein Spritzgebäck. Das wird dann getunkt mit den Fingern, ganz einfach gegessen. Dazu gäbe es natürlich auch Flan, also so Pudding, die bekannte Crema Catalana, Kataloniens nationale Nachspeise – also eine süße Stelle. Man isst hier gerne süß. Und das muss man auch mal machen, wenn man nach Barcelona kommt: Eine Tasse gute, heiße Schokolade geben lassen.

[00:14:28] Stefan Mir ist schon aufgefallen, dass man hier nicht Hunger leiden muss.

[00:14:31] Guide Nein.

[00:14:32] Stefan Ich bin jetzt seit –

[00:14:33] Guide Verhungern und verdursten werden Sie nicht in Barcelona.

[00:14:35] Stefan Nein.

[00:14:36] Guide Das geht überhaupt nicht. [Handwerker hämmern] Sie hören ja schon, da oben wird irgendwo geklopft. Wir dürfen in Barcelona heute keinen Stein mehr antasten. Alle Häuser stehen unter Denkmalschutz. Alles muss renoviert und saniert werden. Abgerissen wird heute nichts mehr. Das geht überhaupt nicht, weil man natürlich schon vor 20, 30 Jahren erkannt hat, dass dieses Stadtbild ja auch für die Barcelonesen selbst an erster Stelle und dann für die Besucher sehr wichtig ist oder sehr schön ist. Bei uns in Spanien gibt es Ganztagsschule. Ist kein Diskussionsthema. In Deutschland streiten sich die Geister drüber, hier nicht. Das heißt, die Kinder kommen 17 Uhr, 18 Uhr aus der Schule raus und was macht man dann mit denen? Man geht dann Einkäufe erledigen. Man läuft den ganzen Tag noch durch die Straße und man tanzt zuhause. So 20 Uhr, da gibt es Abendessen, 21 Uhr. Der Tag ist lang und man verbringt den Tag gerne auf der Straße.

[00:15:32] Stefan Zur Schule – meine Kinder gehen übrigens auch auf die Ganztagsschule – bekommen die Kinder da Mittagessen?

[00:15:38] Guide Ja, es gibt in Spanien die bekannte Siesta, diese Mittagspause. Die gibt es in den Schulen auch. Der Unterricht geht von 9 – erst um 9 Uhr beginnt die Schule – bis 12, dann gibt es eine lange Mittagspause von 12 bis 3, bis 15 Uhr, und ab 15 Uhr beginnt wieder der Unterricht bis 17, 18 Uhr. In dieser Zeit, in dieser Mittagspause, haben die Kinder zwei Möglichkeiten: Vor allem in der Region, in der Provinz, in kleinen Ortschaften gehen sie nach Hause. Dort wird zu Mittag gegessen. Und in so einer Stadt wie Barcelona, wo es nicht immer möglich ist, dann bleiben sie halt in der Schule und die Elternbeiräte, die haben normalerweise Mittagskantinen organisiert, wo es auch Aufsichtspersonal gibt. Diese Leute kümmern sich um die Kinder in dieser dreistündigen Mittagspause.

[00:16:18] Stefan Gibt es Hausaufgaben oder gibt es dann gar keine Hausaufgaben?

[00:16:19] Guide Es gibt auch Hausaufgaben. Es gibt Hausaufgaben, es gibt auch Noten in Spanien natĂĽrlich, ja.

[00:16:23] Stefan Nein, weil bei uns ist das mit der Ganztagsschule fast immer gleichbedeutend: Keine Hausaufgaben.

[00:16:29] Guide Schon. Es gibt Hausaufgaben – nicht so viele, aber es gibt sie. Meine Kinder waren auch auf der Ganztagsschule und ich habe immer gesehen, wie sie Hausaufgaben machen mussten. Natürlich dann, wenn sie später zuhause angekommen sind oder manchmal auch in der Mittagspause. Wenn sie ein bisschen älter sind und die Hausaufgaben auch ganz alleine machen können, dann machen sie die auch normalerweise in der Mittagspause, ja. Ja, wir stehen hier vor der Kirche Santa Maria del Pi. Die Jungfrau der Pinis. Ein sehr schöner Platz übrigens mit Bausubstanz aus dem 18. Jahrhundert. Da oben kann man es noch lesen: 1789. Aber wenn man sich zum Beispiel hier umschaut: Es gibt an vielen Stellen diese schmiedeeisernen Balkone, keine steinernen. Steinerne Balkone ist 19. Jahrhundert. Die da drüben, hier schmiedeeisern, da drüben auch. Das deutet darauf hin, dass die Bausubstanz aus dem 17. oder 18. Jahrhundert ist. Also schön alt, wo auch die Leute noch drin wohnen. Der Spanier wohnt im Eigentum. Die Wohnung gehört einer Familie und die vielen Familien in einem Haus, die bilden natürlich die übliche Eigentümergemeinschaft – wie in Deutschland auch bekannt – kümmert sich um die Fassaden, Dächer, Eingänge. Man wohnt im Eigentum, man pflegt die eigene Wohnung. Es gibt natürlich auch einen Markt. Die Wohnungen werden gekauft und verkauft. Die werden auch sehr gerne vererbt an die Kinder. Das heißt im Klartext: Wenn man in Miete wohnen möchte zum Beispiel in Barcelona, hat man natürlich ein Problem. Es gibt wenig Miete – viel weniger als in Deutschland – und wenn überhaupt, dann zum Beispiel – ich denke jetzt an die jungen Leute – eigentlich nur so in Randbezirken der Stadt Barcelona, ehemalige Arbeiterviertel. Da kann man schon was in Miete finden. Da gibt es auch die üblichen WGs und so weiter, aber nicht im Zentrum. Im Zentrum ist es fast unmöglich, etwas zu mieten. Da können wir ja kurz reinschauen in den Vorraum der Kirche. Kann ich Ihnen nämlich etwas zu den katalanischen Traditionen zeigen. Die Katalanen feiern Feste sehr gerne, die normalerweise alle Kulturen am Mittelmeerraum. Das ist hier in diesem Schrank. Quasi reingehen und rechts abbiegen. In dem Vorraum von Santa Maria del Pi haben wir einen großen, großen Schrank, in dem sich vier Figuren befinden. Vier Riesen, vier Giganten, die getragen werden. Starke Männer stellen sich dadrunter. Da ist ein Guckloch in dem Rock. Da kann man durchschauen. Man hebt an, läuft auf der Straße rum und muss auch noch tanzen. Das sind Umzüge. Umzüge waren früher mal Bestandteil der Fronleichnams Prozessionen. Heute sind Umzüge bei Festlichkeiten, lokalen Festlichkeiten. Und was für Festlichkeiten sind das? Ganz einfach: Die Namenstage der Schutzpatrone, der Schutzheiligen.

[00:19:12] Guide [Pfeifen] Wir müssen hier rechts durch und kommen auf La Rambla. La Rambla ist ja die bekannte Hauptstraße, eigentlich historische Hauptstraße der Altstadt. [Gespräche im Hintergrund] Dazu muss natürlich gesagt werden: Heute ist La Rambla eigentlich ein schöner Boulevard, eigentlich mehr eine Touristen-Szene oder ein Touristenpark. Im Winter wird die Straße wieder ganz normal – kommen die Barcelonesen auch gerne her, aber im Sommer ziehen sich die Einheimischen ein bisschen zurück und überlassen das Spielfeld den vielen, vielen Besuchern Barcelonas. Aber trotzdem: Die Allee ist interessant, die Allee ist schön. Diese Rambla beginnt oben an der Plaça de Catalunya, wo wir uns getroffen haben, und zieht sich dann 1.300m durch, fast eine Meile, bis runter zum alten Hafen. Der historische Stadthafen wird heute als “Port Vell” auf Katalanisch, also als “alter Hafen” bezeichnet. Heute mehr so ein Sport- und Yachthafen und da endet die Hauptstraße, diese historische Hauptstraße Barcelonas.

[00:20:18] Stefan Wo wir gerade vom Hafen sprechen.

[00:20:19] Guide Ja.

[00:20:19] Stefan Es gibt doch einen Strand, oder?

[00:20:20] Guide Es gibt auch einen wunderschönen Strand.

[00:20:22] Stefan Wie kommt man da hin?

[00:20:23] Guide Ganz einfach: Mit der gelben Linie mit der U-Bahn oder zu Fuß. Barcelona hat eine Art Copacabana direkt vor der Stadt. Auf der anderen Seite, also ein bisschen so östlich, nordöstlich vom Hafen kann man so runterschauen Richtung Meer. Von hier aus gesehen links muss man noch über die Landzunge – der Hafen wird ja von einer Landzunge beschränkt – das Viertel Barceloneta, das kleine Barcelona. Darüber hinaus, auf der anderen Seite, beginnt eine 4,5km lange Strandpromenade mit sauberen, sehr gepflegten Stränden und sauberem Wasser. Also ich kann wirklich nur einladen, nach Barcelona zu kommen, einen Strandurlaub zu machen. Es ist erstaunlich, aber Barcelona bietet auch sowas. Man kann also zum Beispiel vormittags irgendwelche Museen, Sehenswürdigkeiten besichtigen, Stadt unterwegs sein und nachmittags zum Beispiel – das machen viele Besucher in Barcelona, dass sie zwei, drei Stunden am Strand sind. Am Strand liegen, baden, schwimmen. Das Wasser ist sauber. Barcelona hat einen tollen Strand. Also ist eigentlich die einzige Metropole in Europa – so große Metropole – mit einem solchen Strand direkt vor der Haustür. Barcelona – habe ich vorhin gar nicht gesagt – hat 1,6 Mio. Einwohner auf dem Stadtgebiet, also eine große Stadt. Ja, hier La Rambla kann man ein kleines Stückchen zurücklaufen nach oben und sofort links kommt diese bekannte Markthalle La Boqueria zum Vorschein. Eine von 39. Habe ich vorhin schon gesagt. 39 Märkte gibt es in Barcelona, die sehr wichtig sind für die Verpflegung der Bevölkerung. [Motorradgeräusche] Hier geht man einkaufen. Man fährt also, wie ich sagte, nicht mit dem Auto raus irgendwohin, sondern lebt in der Stadt und kauft noch in der Stadt ein.

[00:22:00] Stefan-Off Wir gehen jetzt in diese Markthalle. Die hat ungefähr die Größe von einem Fußballfeld, besteht aus mehreren Reihen von Marktständen, ist überdacht und ist ein Feuerwerk an Farben und Gerüchen.

[00:22:17] Guide [Menschenmengen] Der zentrale Bereich ist so ein bisschen touristisch überlaufen. Wir gehen mal hier nach links. Also wenn man La Boqueria besichtigt oder besucht, würde ich vorschlagen, man soll mehr so in den Randzonen der Markthalle unterwegs sein. Da sind auch die ganz normalen Einheimischen, die also, wie Sie jetzt zum Beispiel sehen können, einkaufen gehen. Man kann in La Boqueria auch sehr gut essen. Das wären hier so ein paar Beispiele für die spanischen Tapas. Kleinigkeiten, Häppchen, alles, was so in kleinen Portionen, Schälchen, Tellerchen angeboten werden kann, natürlich auch die ganzen Meeresfrüchte. Das sind so die Tapas, diese Häppchen. Es gibt hier in der Markthalle fünf ganz gute Tapas-Bars. Natürlich kann man auch Fertiggerichte kaufen. Käse, Würste, Lebensmittel, Gemüse, Obst, Fisch – gleich werden wir uns den Fischmarkt anschauen – auch hier Innereien, Mägen, Blut, Nieren, Hirn, Süßigkeiten wie hier auf der rechten Seite. Mittags ist es fast unmöglich, einen Hocker zu bekommen. Wenn Sie jetzt Tapas haben wollten – wir haben jetzt viertel vor elf würde ich sagen – dann suchen Sie es jetzt, probieren Sie es jetzt. Jetzt ist Platz. Mittags müssen Sie sich einen solchen Hocker erkämpfen. Ja, hier kommt der Fischmarkt zum Vorschein. Eigentlich, wenn man hier so reinschaut: Ein Aquarium ohne Wasser. Hier liegt alles Mögliche. Schauen Sie mal, die leben ja noch.

[00:24:01] Stefan Ja.

[00:24:02] Guide Die Tiere – also richtig, echt frisch. Wenn sie könnten, würden sie davonlaufen. Es riecht auch toll nach Fisch.

[00:24:25] Stefan Ist tatsächlich beeindruckend.

[00:24:26] Guide Ja. Die Vielfalt ist enorm. Dann wird auch alles verkauft und die guten Restaurants in Barcelona, die kaufen auch in den Markthallen ein.

[00:24:40] Stefan Wann machen die auf und wann machen die zu?

[00:24:41] Guide Die sind immer auf von Montag bis Samstag ab 8 Uhr eigentlich bis 20 Uhr. Nur der Fischmarkt, der ist mittags schon zu. Also man sollte eigentlich eine Markthalle am Vormittag besuchen. Da drüben haben wir wieder eine schöne Tapas Stelle. Natürlich gibt es hier auch solche Stellen, wo –

[00:25:04] Stefan Ich muss da, entschuldigung, ich muss da was fragen. Hier diese –

[00:25:07] Guide Diese TĂĽten.

[00:25:08] Stefan Ja, was ist das?

[00:25:09] Guide Das ist Schinken. Das ist der Iberische Schinken [Jamón Ibérico]. Das ist der ganz gute Schinken. Das ist nicht der Serrano. Der Serrano ist auch in Deutschland bekannt. Der Serrano kommt eigentlich von Schweinen, die gezüchtet werden auf Schweinefarmen, und der Iberische Schinken, der kommt von Eichelschweinen. Schweinen, die in Südspanien in den Provinzen Cádiz, Sevilla, Huelva frei eicheln, frei im Wald herumlaufen, die sich also dort ernähren ganz frei im Wald, und von denen kommt dann dieser Schinken, die also auch in dem ganz speziellen Klima dort in Südspanien jahrelang luftgetrocknet werden. Das ist der Iberische Schinken und hier wird in solchen Tüten eben so eine Auswahl an diesem Iberischen Schinken angeboten. Also Ibérico. Ibérico, der Iberische Schinken, ist der ganz, ganz gute Schinken. Lass uns mal rechts gehen, denn eigentlich möchte ich Ihnen auch zeigen, wovon sich die Spanier gerne ernähren. Hier vor uns ist eine Stelle, wo wieder so Fertiggerichte angeboten werden, aber auch sehr, sehr wichtig: Eine ganze Sammlung an allen möglichen Kichererbsen, Bohnen – das sind Kichererbsen – Bohnen aller Art, Linsen und so weiter. So ein Kilo Hülsenfrüchte kostet um die 5€. Mit einem ganzen Kilo kann sich eine Familie ernähren und wir essen noch üblicherweise hier zwei-, drei-, manchmal sogar viermal in der Woche immer noch Hülsenfrüchte. Linsengerichte, Kichererbsen, Bohnen. Gesund, lecker, proteinreich und kostengünstig. Manchmal denkt man: “Ja, Barcelona, Madrid teure Städte. Wie machen das die Spanier mit ihren heutigen Gehältern, mit ihrem heutigen Durchschnittseinkommen, dass sie in so einer Großstadt wohnen oder überhaupt überleben können?”, es geht, wenn man weiß, wo man einkaufen muss, und wenn man weiß, was man essen muss. Das hier links gehört auch zur allgemeinen spanischen Kultur oder natürlich auch zu uns hier nach Katalonien: Eine Bodega. Eine Bodega ist eine Weinhandlung. Die gibt es auch an allen Ecken. Wir sind ja in einem Weinland. Ist auch ein Hinweis für Besucher aus dem deutschsprachigen Raum. Bier kennt man auch, wird hier auch getrunken, aber Bier ist eigentlich nicht das, was zur spanischen Kultur gehört. Bier ist erst seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt in Spanien. Vorher hat man nur Wein getrunken. Spanien ist ein Weinland, deswegen gibt es auch weiterhin überall diese Bodegas, diese – auf Katalanisch übrigens “Celler”, was an das deutsche Wort “Keller” erinnert. Also dieser lateinische Ursprung. Also eine Bodega auf Spanisch. Gibt es also Weine aller Art. Spanien hat über 100 Weinanbaugebiete. Wenn Sie mich fragen: “Was ist da so bekannt? Doch nicht La Rioja?”, aber es gibt sehr viele, sehr gute Weinanbaugebiete in Katalonien, selbst elf geschützte Weinanbaugebiete. Das heißt, es gibt hier viel Weinproduktion in diesem Land und speziell bei uns in dieser Region auch Cava. Der Cava ist der Champagner aus Katalonien, der genauso produziert wird wie der Champagner aus Frankreich, er darf nur nicht als “Champagner” bezeichnet werden. Seit dem Beitritt Spaniens zu der Europäischen Union – das war, wenn ich mich nicht irre, 1987 – blieb dieses Wort geschützt für die Produktion aus Frankreich, obwohl es auch so einen Ort in der spanischen und katalanischen Sprache gibt. UNVERSTÄNDLICH, oder UNVERSTÄNDLICH sagen die Spanier und Katalanen. Aber das Wort darf auf der Flasche nicht mehr draufstehen. Damals ließ man sich dieses neue Wort “Cava” einfallen. Kommt aus dem katalanischen “Cova”. “Cova”, “die Höhle”, “Cave” auf Englisch. Also diese unterirdischen Kellereien, wo diese ganze Rüttel-, Schüttel-, und Drehprozedur stattfindet. Aus der “Cova”, der “Cava” – vier Buchstaben in einer Sprache, wird auch so ausgesprochen – als neue Bezeichnung für den Champagner aus Katalonien. Und das ist unser Nationalgetränk hier in dieser Region. Also wenn Sie es richtig machen wollen, wenn Sie herkommen, dann sollten Sie gleich ein Cava-Glas bestellen. In jeder Bar, in jeder Kneipe, in jedem Restaurant wird der Cava auch gläserweise verkauft und der Katalane trinkt den Cava direkt schon zur Vorspeise. Normalerweise einen trockenen oder sehr trockenen, einen Brut Nature. [Kirchenglocken]

[00:29:47] Stefan Wenn wir gerade noch mal ĂĽber den Tourismus sprechen.

[00:29:50] Guide Ja.

[00:29:51] Stefan Was sind die guten Jahreszeiten oder wann soll man herkommen? Was ist –

[00:29:55] Guide Die besten Jahreszeiten sind immer im Frühling und im Herbst. Man kann auch – der Wind ist auch ganz ok – also wenn es hier wirklich schrecklich kalt ist im Januar früh morgens, haben wir +5°. Das geht, man kann es aushalten. Mittag haben wir 10°, 12°, 14° wieder. Wenn Sie also nicht unbedingt im Winter herkommen wollen, dann würde ich sagen im Frühjahr, im Frühling so von März bis, ja, Mitte Juni und dann erst wieder ab September. September, Oktober, November, bis in den Dezember hinein. Das sind die besten Jahreszeiten, um Barcelona zu besuchen, weil es nicht so heiß und auch nicht so schwül ist. Welche Temperaturen haben wir hier so im Sommer? 30°, 32°, aber bei 80, 85, manchmal 90% Luftfeuchtigkeit – wir sitzen ja direkt am Mittelmeer – ist es dann sehr schwül, so unangenehm. Gefühlte 40°. Wir gehen in Barcelona sehr gerne bei Rot über die Ampel. Rot ist spannender, sportlicher. Grün kann jeder. Also machen Sie es einfach so, wie Sie sehen, wie es die Einheimischen machen. Wenn niemand kommt – man schaut natürlich immer in die richtige Richtung – wenn niemand kommt, geht man einfach rüber, ganz gleich ob die Ampel jetzt noch Rot oder Grün ist. So, und dann sind wir jetzt wieder hier im temporalen Bereich des kurdischen Viertels. Auch eine beliebte Einkaufsgegend, wie man sehen kann. Überall Läden, Geschäfte aller Art.

[00:31:20] Stefan Ist Barcelona eine sichere Stadt in Form von: Gibt es hier viele Taschendiebe oder – also –

[00:31:30] Guide Das ist ein bekanntes Thema, beliebtes Thema zu Barcelona. Barcelona hatte bis vor 15, 20 Jahren viele Taschendiebe, das stimmt, aber die Stadt hat sich natürlich sehr angestrengt, die Stadtverwaltung sehr angestrengt, dieses Thema unter Kontrolle zu bringen. Wir haben sehr viel Polizei schon seit vielen Jahren. Wir haben viel Videoüberwachung. Es hat auch geklappt. Das Ganze ist zurückgegangen. Ich würde sagen, heute schneidet Barcelona genauso ab wie alle anderen Großstädte. Man muss in Rom und in Paris und in London, sicherlich auch in Berlin, auch auf Taschendiebe aufpassen. Es war früher mal schlimmer. Heute nicht mehr. Heute schneidet Barcelona, wie gesagt, genauso ab, nur der schlechte Ruf ist halt geblieben wie so üblich. Es gibt aber keine gewalttätige Kriminalität. Also wenn überhaupt, dann sind das eben diese Taschendiebe, die mal versuchen, da und dort eine Geldbörse aus der Tasche rauszuziehen. Das kommt heute vielleicht mal in der U-Bahn vor, vor allem die Strecken, die zur Sagrada Familia führen, die Blaue und die Lila Linie. Da sollten Sie ein bisschen aufpassen, aber davon abgesehen ist Barcelona eine Stadt, in der man genauso unterwegs sein kann wie in anderen Großstädten Europas.

[00:32:35] Stefan Ich kann aber auch nachts oder abends problemlos hier spazieren gehen?

[00:32:38] Guide Ja, ja, vielleicht gibt es einen Bereich so ein bisschen – also westlichen Bereich von der Altstadt, westlich von La Rambla, da ist ein bisschen die Rotlichtszene Barcelonas. Da ist ein bisschen die Drogenszene. Da muss man vielleicht ein bisschen vorsichtig sein, aber ansonsten können Sie relativ sicher auch abends in der ganzen Stadt unterwegs sein.

[00:33:01] Stefan Wie lange fährt eigentlich die U-Bahn?

[00:33:02] Guide Die U-Bahn fährt von Montag bis Donnerstag also von 5 Uhr morgens bis 12 Uhr nachts, am Freitag bis 2 Uhr nachts, am Samstag die ganze Nacht durch. Ja, hier könnte man wieder so ein bisschen raufschauen. Schöne Bausubstanz. Dieses unzerstörte Barcelona. Übrigens Stadtreinigung: Die fährt mit Elektrowägelchen durch die Gegend. Von Montag bis Sonntag wird die Stadt gereinigt. Barcelona ist eine saubere Stadt. Das muss man allerdings schon sagen.

[00:33:38] Stefan Stimmt. Das fällt auf, ja.

[00:33:39] Guide Das sieht man. Ja, von Montag bis Sonntag wird gekehrt, gefegt, gereinigt, die Straßen werden abgespritzt mit Wasser und Seife sogar. Wir laufen jetzt hier an der römischen Mauer entlang, vor der diese ganzen Häuser stehen. Und an der Stelle möchte ich Ihnen eine weitere, sehr bekannte, katalanische Tradition mal zeigen: Die der Menschentürme.

[00:34:03] Stefan Das habe ich schon mal gesehen im Fernsehen.

[00:34:04] Guide Ist schon toll. Schon spannend. Die heißen auf Katalanisch “Castellers”. In diesem Wort “Casteller” steckt das Wort “Castell” drin, also eigentlich wären das für die Katalanen mehr so Festungen oder Burgen, Menschenburgen. Auf Deutsch klingt besser “Menschenturm”. Also Menschentürme, wo sich die Leute halt übereinanderstellen. Das wird natürlich gepflegt, geübt von Vereinen, die sich auch zwei-, dreimal in der Woche treffen, das Ganze eben dann üben und bei solchen Festlichkeiten, bei solchen Patronatsfesten dann auch vorzeigen.

[00:34:31] Stefan Das sind jetzt eins, zwei, drei, vier, fünf Ebenen –

[00:34:34] Guide Nein, nein, nein, hier unten ist eine weitere Ebene.

[00:34:37] Stefan Ah.

[00:34:37] Guide Die sieht man ja gar nicht. Die sind ja eingepfercht in der Menschentraube. Also eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht und neun, denn die hocken ja auch alle übereinander, die kleinen Kinder. Ganz, ganz oben sind das kleine Kinder. Sechs-, Sieben, Achtjährige, die hochklettern wie Äffchen. An den Rücken der Leute hoch.

[00:34:53] Stefan Das muss doch wahnsinnig gefährlich sein.

[00:34:53] Guide Das ist gefährlich. Manchmal fällt oder stürzt sowas auch in sich ein. Es gibt also so Prellungen oder mal so eine eingeschlagene Rippe. Das gehört schon zur Ästhetik des Ganzen. Das muss man in Kauf nehmen, ja. Kommt vor, aber glücklicherweise ist es eigentlich mehr eine Seltenheit. Die Leute üben das, trainieren das und normalerweise können sie es aufbauen und wieder abbauen. Ein Turm gilt nur als richtig hingestellt, wenn der auch richtig, anständig wieder abgebaut worden ist. Und da könnte man sich fragen: “Wie können die denn, die da drinstecken, überhaupt wissen, was da oben passiert? Die können ja gar nicht hochschauen”, da wird eine ganz konkrete Musik gespielt, mittelalterlich anmutende Flötenmusik, die man aber von überall hört, und je nachdem wie die Musik gespielt wird, wissen die, die da drinstehen, wo sich jetzt der Aufbau befindet. Und wenn die Musik plötzlich also komplett wechselt, dann wissen sie: “Aha, das letzte Kind ist oben angekommen, jetzt geht es wieder zurück und runter”.

[00:35:55] Stefan Wie lange –

[00:35:56] Guide Also anhand der Musik hören die, wissen die, wo an welcher Stelle sich jetzt der Aufbau und der Abbau wieder befindet.

[00:36:02] Stefan Wie lange dauert das ungefähr?

[00:36:02] Guide Der Aufbau und Abbau kann vielleicht so 10 Minuten dauern.

[00:36:07] Stefan Und wann kann man das sehen?

[00:36:08] Guide Bei solchen Patronatsfesten, Festlichkeiten, die lokalen Festlichkeiten, die es überall gibt in der guten Jahreszeit in jeder Ortschaft. Da feiert man die Namenstage der Schutzpatrone. Katalonien gehört ja zum katholischen Raum. Die Leute haben ja alle normalerweise katholische Vornamen und der Namenstag ist sehr wichtig hier in der Kultur Spaniens. Zum Namenstag wird dann auch beglückwünscht. Man bekommt sogar Geschenke. Der Namenstag hat einen Stellenwert wie der Geburtstag.

[00:36:43] Stefan Wenn ich mich hier verlaufe, was ist denn die beste Taktik, wieder rauszukommen?

[00:36:48] Guide Ja, die erste wäre vielleicht hier nicht so erkennbar, aber doch mal auf den Fußboden runterzuschauen. Auf den Boden runterzuschauen. Barcelona liegt auf einer leicht geneigten Ebene zwischen dem Küstengebirge parallel zum Meer verlaufend in circa 6km Entfernung vom Wasser und dem Meer da unten. Wo es runtergeht, geht es Richtung Wasser zum Hafen, zu den Stränden runter. Wo es raufgeht, geht es in die entgegengesetzte Richtung, also zu den höheren Bereichen der Stadt, zur Stadterweiterung, zu dieser schachbrettartig angelegten Stadterweiterung, die sich hinter uns bisschen höher befindet. Also zuerst einmal so, ja: Wo befindet sich das Meer? Wo ist unser Küstengebirge? Das wäre so ein erster Anhaltspunkt. Ja, und ansonsten Glück haben. [Lachen] Laufen Sie eine gerade Linie, irgendwann mal kommen Sie aus der Altstadt raus.

[00:37:37] Stefan Ok.

[00:37:38] Guide Irgendwann mal kommen Sie an den Ring außerhalb der Altstadt. Wenn Sie es ganz genau haben wollen: Barcelona liegt an der Mittelmeerküste so ein bisschen südöstlich orientiert. Das heißt, die Sonne, die geht im Osten auf, ist dann im Süden mittags und im Westen geht sie wieder unter. Das heißt, die Sonne ist eigentlich immer auf dem Meer und zieht sich vor der Stadt Barcelona praktisch am Meer entlang. Also wenn Sie auch zur Sonne schauen, wissen Sie: “Aha, da, wo die Sonne steht, da ist der Hafen, da sind die Strände”. Das wäre auch eine Möglichkeit, sich zu orientieren. Ansonsten fragen Sie halt: “Wo ist La Rambla?”, zum Beispiel. “Wo ist Plaça de Catalunya?”, das ist der große, zentrale Hauptplatz. Der liegt ja auch an der Nahtstelle zwischen diesen beiden Städten und Plaça de Catalunya kennt jeder in Barcelona. Kennt auch jeder Tourist. Da können Sie wieder einen Anhaltspunkt haben, wo es langgeht. So, dieses römische Barcelona wurde vor 2.000 Jahren auf einem kleinen Hügel gegründet, der ganz genau 16,9m hoch ist. Da wollen wir jetzt rauf. Und wenn wir hier so reinschauen wieder in dieses Geschäft –

[00:38:46] Stefan Ah, ja.

[00:38:46] Guide Haben wir wieder römische Steine.

[00:38:48] Stefan Ja.

[00:38:48] Guide Die römische Mauer kommt über uns raus. In die Richtung weiter. Es wurde also ein Durchbruch später geschaffen im Mittelalter. Alle 8 bis 10m steht an der römischen Mauer ein quadratischer Turm, der so herausragt. In diesem Fall befindet sich dieses Geschäft an einem römischen Turm. Der römische Turm ist praktisch wieder die rückwärtige Fassade, somit sind wir jetzt hier im römischen Kern in dieser damaligen Colonia Iulia Augusta und so weiter, UNVERSTÄNDLICH. Also eine 2.000 Jahre alte Stadt. Auf der rechten Seite die Kathedrale – eigentlich der Eingang zu dem Kreuzgang der Kathedrale. Und ich weiß nicht, ob man das da drüben erkennen kann. Eigentlich ist der Kreuzgang sehr schön. Die Kathedrale ist sehr schön. [Schnattern] Man hört es so schnattern. Die Gänse. Da drüben sind einige Gänse zu sehen. Barcelona ist bekannt wegen diesen lebenden Gänsen im Kreuzgang des Bischofssitzes der Kathedrale. Die Kathedrale ist wieder so einer Heiligen – der Heiligen Eulalia – gewidmet. Diese Eulalia soll 13 Jahre alt gewesen sein, als sie 13-mal gefoltert wurde im 3. oder 4. Jahrhundert bei den Christenverfolgungen der Römer. Sie wurde dann heiliggesprochen – ist die Schutzpatronin der Kathedrale von Barcelona. Viele Frauen in Barcelona heißen Eulalia. Mit “E-U” geschrieben. Eulalia. Und an dieses dreizehnjährige Mädchen erinnern diese 13 weißen Gänse, die man dadrinnen im Kreuzgang der Kathedrale sehen kann. Und vielleicht mal hier auf der linken Seite eine Erklärung zu einem Wort aus der spanischen Sprache. Ein Wort, was in allen Sprachen so verwendet wird, nämlich das Wort “Guerilla” oder “Guerriller”.

[00:40:29] Stefan Ja.

[00:40:29] Guide Guerilla kommt aus dem Spanischen und Katalanischen “Guerra”, bedeutet Krieg und Guerilla wörtlich “Kriegchen”, im Diminutiv “Kriegchen”, also “Kleinkrieg”. Das ist ein Beitrag Spaniens zur Weltkultur. Zusammen mit Siesta, Fiesta, Sangria und Paella haben die Spanier auch Guerilla erfunden, nämlich diese Art Kriegführung gegen Napoleons Soldaten. Napoleon hatte Spanien auch besetzt wie Deutschland, oder die damaligen deutschen Länder, den spanischen König abgeschafft, seinen eigenen Bruder Joseph Bonaparte eingesetzt in Spanien als König und den wollten die Spanier nicht haben. Das war nicht der legitime König, deswegen haben sie gegen den kämpft. Das spanische Heer war zerschlagen worden, besiegt worden, es gab kein spanisches Heer oder nur noch kleine, wenige Reste von dem, also haben die Spanier – wie sie halt so sind – man muss sagen, in jedem Spanier steckt so ein halber Anarchist drinnen – also haben sie ganz einfach angefangen, in Zivilkleidung mit Waffen in der Hand, in flinken, mobilen UNVERSTÄNDLICH die Franzosen anzugreifen. Unverschämterweise auch aus dem Hinterhalt. Sie haben geschossen, sind dann verschwunden und das hat man damals nicht als einen richtigen Krieg bezeichnet, sondern als eine Art “Kriegchen”, “Guerilla”. Guerillero, das vor uns hier, das sind fünf Guerillero, fünf Patrioten, Leute, die gegen die Besatzungsmacht, gegen die Franzosen gekämpft haben. Sie sind alle gefesselt, auch die Priester sind gefesselt. Sie beichten gerade, wurden später erschossen von den Franzosen, von der Besatzungsmacht. Also der Guerillakrieg kommt aus Spanien, dieser Kleinkrieg, dieses Kriegchen, diese Art und Weise, gegen die Besatzungsmacht, gegen die Franzosen damals, zu kämpfen. Joseph Bonaparte, dieser von Napoleon eingesetzte König, der ja sein Bruder war, trank sehr gerne. Er mochte den spanischen Wein und war damals schon bekannt als Pepe Botella. Seppel die Flasche. [Lachen] Gegen Seppel die Falsche haben die Spanier gekämpft eben mit dieser Art Kriegführung und ihn auch besiegt. 1814 sind die Franzosen dann abgezogen aus Spanien. Sie hatten die Nase voll von diesem unrichtigen Krieg. Daher geht es diese 16,9m wieder runter. Runter aus dem römischen Berg. Damit werden wir jetzt gleich an der Ecke die römische Siedlung verlassen. [Klappern] Ja, das ist wieder so ein Fall. Diese Dame hier auf der rechten Seite, die gehört zum Mobiliar der Stadt Barcelona. Das ist eine Profibettlerin. Die sitzt hier schon seit 30, 40 Jahren an genau dem gleichen Stein. So, dann wollen wir mal vielleicht an der Kathedrale vorbei. [Gitarrenmusik] Vielleicht dann wieder zurück. Übrigens ein Hinweis fällt mir jetzt gerade ein: Da drüben, unter diesem bunten, gewölbten Dach.

[00:43:22] Stefan Ja.

[00:43:22] Guide Das heißt, also ein bisschen östlich von der Kathedrale, 150m Entfernung, befindet sich auch eine sehr schöne und sehr interessante Markthalle. Santa Caterina. Wenn man also die Markthalle oder eine dieser vielen Markthallen in Barcelona kennenlernen wollte, die ein bisschen ruhiger ist, angenehmer, nicht so überlaufen, nicht so überfüllt mit den vielen Touristen, sollte man zu Santa Caterina gehen. Schöne, große Markthalle, wo eigentlich nur Einheimische unterwegs sind, wo man also auch diese Farbenvielfalt der vielen angebotenen Lebensmittel kennenlernen kann wie in der Markthalle La Boqueria. So, dann wollen wir mal ein bisschen links an der Kathedrale vorbei, also an der östlichen Seite. Die Kathedrale, der Bischofssitz ist eine wirklich sehr schöne Kathedrale, deswegen gibt es auch hier die vielen Besucher. Man sollte allerdings diese Kirche nicht mit der bekannten Sagrada Familia verwechseln. Das ist was anderes. Das ist der Bischofssitz, der Dom, die Kathedrale. Die Sagrada Familia in Barcelona – übrigens Europas älteste Baustelle – ist ganz einfach eine Basilika. Eine Basilika, die der bekannte Architekt Antoni Gaudí vor über 100 Jahren entworfen hat, an der immer noch gebaut wird, aber eigentlich nur eine Basilika ist, keine Kathedrale, obwohl sie größer ist als der Bischofssitz und eigentlich genauso aussieht wie ein Dom, wie eine Kathedrale. Ist auch eines der Highlights in Barcelona, diese bekannte Kirche. Europas älteste Baustelle. Gebaut nur mit den Spenden der Gläubigen. Eine Sühnekirche. Ein Sühnetempel der heiligen Familie, die Sagrada Familia. Man muss heute eigentlich europaweit, wenn man solche Sehenswürdigkeiten oder wichtigen Museen besichtigen oder besuchen möchte, die Eintritte im Voraus kaufen. Das ist auf jeden Fall zu empfehlen in ganz Europa.

[00:45:26] Stefan Ja.

[00:45:26] Guide In Barcelona sind es drei Stellen, wo man die Eintritte unbedingt im Voraus kaufen sollte, sonst gibt es da keine Möglichkeit. Für die Kirche, die ich eben erwähnt habe, die Sagrada Familia, für den Park Güell und für das Picasso Museum. Also wenn Sie da hin wollen, kann man wirklich nur empfehlen, entweder im Voraus schon im Internet die Karten zu kaufen oder über eine Agentur, über einen Stadtführer eben dann die Karten besorgen zu lassen.

[00:45:49] Stefan Weil die Schlangen da so lang sind oder weil man einfach nicht mehr reinkommt.

[00:45:50] Guide Weil es beschränkte Zeitfenster gibt.

[00:45:53] Stefan Ah, ok.

[00:45:53] Guide Und die Zeitfenster sind häufig ausverkauft. Komplett ausverkauft. In der Kirche zum Beispiel, der Sagrada Familia, dürfen gleichzeitig 3.000 Menschen drinnen sein pro Zeitfenster und das ist doch tatsächlich ausverkauft. Im Park Güell, diese Gaudí Siedlung, da sind es 400 Personen.

[00:46:07] Stefan Was ist das mit – ich habe auf den Webseiten gelesen, dass Reiseführer irgendwelche Sonderrechte haben.

[00:46:13] Guide Ja.

[00:46:14] Stefan Was ist das?

[00:46:14] Guide Die amtlich zugelassenen Reiseführer, die also die Staatsprüfung bestanden haben und damit auch die offizielle Bescheinigung haben – wir können normalerweise mit unseren Gästen an der Schlange vorbei. Wenn Sie also einen amtlichen Reiseführer oder Stadtführer nehmen, der Ihnen auch die ganze Erklärung dazu gibt, der kann auch mit Ihnen, mit den Gästen an der Schlange vorbei, nur wenn die Zeitfenster eben ausverkauft sind, dann eben auch nicht. Also deswegen: Für diese drei Stellen muss man die Karten auf jeden Fall im Voraus kaufen und ansonsten mit einem Reiseführer können Sie direkt an der Schlange vorbei in jedem Museum, in jeder Sehenswürdigkeit. Nicht nur hier bei uns in Katalonien, in ganz Spanien.

[00:46:48] Stefan Ah, ok.

[00:46:48] Guide Die Stadtführer, die amtlichen Stadtführer, die amtlichen Reiseleiter haben eine Zulassung immer für eine der Regionen der 15 Regionen in Spanien und damit kann dann der Stadtführer in der ganzen Region in jedem Museum halt eben sofort rein mit den Gästen – wenn das ein amtlicher ist. Es gibt natürlich auch die, die keine Zulassung haben.

[00:47:10] Stefan Wodran erkenne ich das?

[00:47:11] Guide Dass sie keinen Ausweis haben. Sie können sich nicht ausweisen, das heißt, die sogenannten Free Tours oder die Leute, die ganz einfach auf der Straße arbeiten, die können auf der Straße alles erzählen, was sie wollen.

[00:47:21] Stefan Können Sie mir diesen Ausweis mal zeigen, wie der aussieht?

[00:47:23] Guide Ja, gerne.

[00:47:24] Stefan Das wĂĽrde mich jetzt mal interessieren.

[00:47:26] Guide Gerne, ja, der sieht so aus.

[00:47:27] Stefan Also gelb, ok.

[00:47:28] Guide Richtig, gelb und da kann man eben lesen “Generalitat de Catalunya”, das ist die katalanische Landesregierung, “UNVERSTÄNDLICH”, also, ja, Fremdenführer Kataloniens. Da ist mein Name drauf, meine Personalausweisnummer, wann der ausgestellt wurde – und alle fünf Jahre muss er halt verlängert werden – und meine Nummer. Ich bin der Stadtführer Nummer 2600.

[00:47:50] Stefan Ok.

[00:47:50] Guide Damit habe ich eine amtliche Zulassung, damit kann ich offiziell mit meinen Gästen an allen Schlangen vorbei. Die Gäste müssen den Eintritt bezahlen. Ich brauche keinen Eintritt zu bezahlen. Ich habe freien Eintritt zu allen Museen, Sehenswürdigkeiten. Ich und jeder amtliche. Und die, die es nicht sind, die können das nicht. Also mit einem sogenannte Free Tour oder so ein Guide, den man sich auf der Straße nimmt, der kann vielleicht draußen ein bisschen was erzählen da und dort, aber wenn es heißt: “Ja, jetzt möchte ich mal ins Picasso Museum”, oder: “Jetzt möchte ich mal so ein Gaudí Wohnhaus besichtigen”, wird der Ihnen sagen: “Nein, bitteschön, ich kann das nicht”, und muss dann draußen stehenbleiben.

[00:48:17] Stefan Das heißt, wenn ich das im Vorfeld mache, dann sollte ich auch immer fragen, ob derjenige –

[00:48:24] Guide Ja, man sollte fragen, ob derjenige auch ein amtlich zugelassener ist. Aber eigentlich normalerweise erkennt man es daran, dass der nicht zugelassene eigentlich nur Touren auf der Straße unter freiem Himmel anbietet. Wenn Sie ihn ganz gezielt fragen: “Aber ich möchte mit Ihnen ins Segrada Familia. Sie sollten mir doch die Kirche erklären”, oder irgendein Museum, dann wird der Ihnen sofort sagen: “Nein, das kann ich nicht”, und daran ist er schon erkennbar, dass er keine amtliche Zulassung hat. Und wenn wir in die andere Richtung schauen, da drüben, da geht die römische Mauer weiter. Also die römische Schicht. Da vorne, vor Ihnen rechts, ist die römische Mauer wieder zu sehen.

[00:49:02] Stefan Ja.

[00:49:03] Guide Die römische Stadt eigentlich – heute das gotische Viertel. Wir können auch noch ein bisschen weitergehen, denn eine Empfehlung von mir wäre [Gespräche] – am besten lassen wir mal die Schulklasse vorbei. Man macht gerne Unterricht bei uns auf der Straße. Schulen machen das gerne. Machen immer wieder Schulklassen, die also auf der Straße unterwegs sind, und man hat hier praktisch ein Freilichtmuseum in der Stadt Barcelona, wo man von den Römern bis heute alles mögliche erleben kann. Was ich eben sagen wollte: Auf der anderen Seite, diese breite Straße, über die wir jetzt laufen werden, das ist die einzige Straße, auf der man heute durch die Altstadt durchfahren kann, die UNVERSTÄNDLICH. Auf der anderen Seite geht es noch lange weiter mit diesem mittelalterlichen Stadtbild. Barcelona hat eine sehr große Altstadt. Das wird jetzt nicht mehr das römische Barcelona sein, aber doch das mittelalterliche aus dem 10., 11., 12., 13. Jahrhundert. [Autogeräusche] Diese Straße, über die wir jetzt eben gelaufen sind, die UNVERSTÄNDLICH, die ist auch sehr stark befahren. Die wurde vor 100 Jahren schnurgerade als 80m breite Schneise durch die Altstadt hindurchgeschlagen. 300 Gebäude wurden abgerissen, auch Kirchen – alles, was im Wege stand. Alles musste verschwinden. Sie gehört in die Altstadt, sieht aber nicht so mittelalterlich aus. Wenn man so ein bisschen nach oben schaut, haben wir Bausubstanz so ein bisschen an diesen architektonischen Stil der zweiten Chicagoer Schule erinnernd, also könnte man fast sagen: “Ja, das sieht amerikanisch aus”. Damals meinte man, die Altstadt wäre hässlich und schmutzig, man müsste sie halt verbergen, verstecken hinter diesen Bürohäusern und Wohnhäusern aus dieser Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts. Aber trotzdem, links und rechts davon, hier dadrüben, das römische Barcelona, das gotische Viertel, hier das mittelalterliche Barcelona. Und sehr interessant: Als damals vor 100 Jahren diese Straße angelegt wurde, hat man auch gleichzeitig die U-Bahn gebaut. Ein Stückchen der Gelben Linie. Heute ist die schon fast 100 Jahre alt. Man hat also schon damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, an eine U-Bahn gedacht in Barcelona. Heute kann man sich die Stadt ohne U-Bahn gar nicht vorstellen. Das wäre hier mehr so der Bereich abseits der Touristenfalle. Vielleicht könnte man sagen so abseits der üblichen Trampelpfade. Hier sind auch im Sommer, wenn die vielen Kreuzschiffe bei uns im Hafen ankern, sind das Bereiche der Stadt, wo keine großen Gruppen der Kreuzschiffe entlanggeführt werden. Hier ist mehr so der private Besucher unterwegs und der ganz normale Einheimische. Dieses Viertel heißt “La Ribera”, also “Uferviertel”. Eigentlich die Stelle, wo damals im mittelalterlichen Barcelona mehr so die Seeleute, Kaufleute, Fischer und so weiter, Hafenarbeiter gelebt haben. Ich denke, ein sehr schönes Viertel mit einer schönen, alten Bausubstanz. Wir haben hier überall diese schmiedeeisernen Balkone.

[00:51:58] Stefan Ja.

[00:51:58] Guide Die darauf deuten, dass es 18. Jahrhundert sogar ist. Viele Läden aller Art und wie gesagt kaum große Gruppe und stellenweise sogar gar keine Touristen. Also in diesem Viertel, La Ribera, kann man wirklich nur empfehlen, mal so einen Spaziergang zu machen. [Autogeräusche] Vorsicht. Kommen Sie mal hier mit. UNVERSTÄNDLICH. Gehen mal hier so durch. Eigentlich gibt es hier in diesem östlichen Teil der Altstadt zwei, vielleicht drei Sehenswürdigkeiten. Das war es dann schon. Die Kirche Santa Maria del Mar, eine sehr schöne Kirche, gotische Kirche, die schönste in Barcelona. Dann ist dann auch hier noch das Picasso Museum zuhause und ein Konzertsaal der Palau de la Música Catalana, eine Weltkulturerbestelle, die man sich auch anschauen sollte, aber das war es dann schon. Und davon abgesehen Gassen, die vielen engen Gassen, die vielen kleinen Ladengeschäfte auch von Kreativen, von Leuten aus Barcelona. Zum Beispiel hier kann man da lesen UNVERSTÄNDLICH. Das ist eine Designerin aus Barcelona. Die bietet dann eben ihre Sachen an, ihre Textilien, ihre Klamotten könnte man sagen unter ihrem eigenen Namen.

[00:53:26] Stefan Ist Reiseführer für Sie “Hobby zum Beruf gemacht” oder normaler Beruf wie jeder andere auch?

[00:53:33] Guide Eigentlich mehr Hobby zum Beruf gemacht. Ich habe in meiner Jugendzeit Geschichte, Kunstgeschichte, Geographie studiert an der Universität, dann habe ich natürlich nicht immer als Reiseführer, Reiseleiter arbeiten können. Ich habe auch was anderes gemacht, aber schon seit 20 Jahren mache ich Stadtführungen in Barcelona. Macht mir Spaß. Gehört eigentlich zu dem, was ich eben in meiner Jugendzeit studiert hatte und außerdem mag ich Barcelona. Meine Stadt – ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ja, das Picasso Museum. Eine der wenigen Sehenswürdigkeiten, die es in diesem aber schönen, interessanten, östlichen Teil der Altstadt gibt. Vielleicht können wir mal hier so rein. Der untere Bereich ist frei zugänglich und bietet uns auch noch die Möglichkeit, diese schönen Innenhöfe kennenzulernen. Innenhöfe dieser spätmittelalterlichen Bürgerpaläste. Reiche Familien, die später geadelt wurden, also im Prinzip Händlerfamilien, Leute aus Barcelona, die sich diese schönen Häuser so im 13., 14., 15. Jahrhundert gebaut haben. Die Stadt Barcelona hat vier dieser Bürgerpaläste aufgekauft und als Picasso seine großen Schenkungen gemacht hat – und seine Frau Jacqueline – an die Stadt Barcelona, hat dann die Stadtverwaltung hier in diesen ehemaligen Bürgerpalästen im ersten Stock die Picasso Sammlungen eingerichtet. Rechts ist wieder ein schöner Innenhof. So, dann wollen wir hier wieder raus. [Gespräche im Hintergrund] Das ist eine Schulklasse. Der spricht Katalanisch übrigens. Der macht die Erklärungen auf Katalanisch für die Schüler hier. Wie ich Ihnen sagte, Katalanisch ist die Schulsprache in Katalonien. Man kann in Barcelona auch Flamenco erleben. Wenn Sie hier reinschauen, rechts in diesem Innenhof, hier werden Flamenco Vorführungen angeboten, wie Sie auch hier auf diesem Schild sehen können. Jeden Tag 18 Uhr, 19.30 Uhr, 21.30 Uhr, aber eigentlich muss ich mal sagen, Flamenco wäre in Barcelona so etwas wie Schuhplattler oder Jodeln in Hamburg. Flamenco gehört zum südspanischen Raum. Flamenco ist andalusisch. Es gibt gute Darbietungen, Flamenco hier in Barcelona, aber gehört eigentlich nicht zu dieser Kultur, nicht zu dieser Region. Die Katalanen haben ihren eigenen Tanz, ihre eigene Musik. Flamenco ist mehr so andalusisch. [Kirchenglocken] Aber das ist das Übliche halt. Unter einem Spanier stellt man sich normalerweise einen Torero vor oder eine Flamenco-Tänzerin und wenn man so an Spanien denkt, dann stellt man sich so ein bisschen diese Olivenhaine, diese Weizenfelder vor so im trockenen Zentralspanien oder diese riesigen UNVERSTÄNDLICH mit den Kampfstieren. Spanien ist aber sehr vielfältig, sehr unterschiedlich. In Spanien gibt es Regionen, die gar nicht so typisch spanisch aussehen, und es gibt auch Regionen, die eine ganz besondere oder eigene Gastronomie haben. Das wären hier zum Beispiel die Tapas, aber eine Gattung, eine besondere Gattung der Tapas-Welt. Die Tapas zerfallen in Spanien eigentlich in zwei große Familien. Wir stehen hier vor einer baskischen Taverne. Das wären die baskischen Tapas, die man als Pincho bezeichnet. Wenn Sie da so reingehen, können Sie ja sehen: Auf der Theke sind ja Teller. Auf den Tellern liegt alles mögliche aus und normalerweise auf einer Brotunterlage. Fantasievoll aufgebaut, ja, mit Käse und Schinken und Salaten und Tomaten und Paprika und Thunfisch und Mayonnaise und allem möglichen, also ist da etwas aufgebaut. Das Ganze wird mit Zahnstochern zusammengehalten. Man lässt sich einen Teller geben, läuft an der Theke entlang, bedient sich selber. Sie dürfen alles aufessen. Die Zahnstocher dürfen Sie nicht aufessen. Die müssen ganz brav auf dem Teller liegenbleiben. Es wird nach Zahnstochern abgerechnet. Die Dinger haben alle den gleichen Preis. So funktioniert es im Baskenland. Da zieht die ganze Gruppe am Wochenende von Kneipe zu Kneipe, von Bar zu Bar. In jeder Kneipe gibt es ein Glas Wein und zu dem Glas Wein nimmt man einen solchen Pincho, Deutsch “Spießchen”. Diese “Zahnstocher-Tapas”, müsste man eigentlich sagen, das ist typisch baskisch. Und da gibt es die andere Gattung, diese vielleicht schon in Deutschland bekanntere, diese Schälchen, Tellerchen, die kleinen Portionen. Das käme eigentlich mehr so aus dem südspanischen Raum, wieder so aus Zentralspanien, Andalusien, so ein bisschen Mittelmeerküste, also eigentlich mehr so die südspanischen Tapas. Beide Familien sind mittlerweile überall vorzufinden in Spanien, aber eigentlich sind das zwei unterschiedliche Gattungen. Und diese Pinchos, diese baskischen Tapas sind natürlich auch sehr nett. Man bedient sich selber, es geht ein bisschen schneller und so für zwischendurch ist das eine ganz gute Idee. Also Sie sind ja vielleicht an deutsche Essenszeiten gewöhnt. Die Deutschen würden alle 12 Uhr schon oder 13 Uhr essen gehen. In Spanien 14 Uhr, 14.30 Uhr. Um so ein bisschen durchzuhalten, kann man dann irgendwann im Laufe des Vormittags oder auch des Nachmittags so ein Pincho zum Beispiel zu sich nehmen. Abendessen ist in Spanien um 21 Uhr. Da haben wir wieder so ein ähnliches Problem. Deswegen gibt es in Spanien so gegen 17 Uhr eine sogenannte Fespa. “Merienda” heißt das auf Spanisch und die Merienda besteht wieder aus etwas Kleinem, was man so gegen 17 Uhr zu sich nimmt. Vielleicht ein bisschen Getränk oder irgendsowas und die Kinder zum Beispiel, wenn sie aus der Schule gekommen sind, die bekommen dann so eine Scheibe Brot mit ein bisschen Schokolade, damit man eben durchhalten kann bis 20, 21 Uhr zum Abendessen. Und dafür sind diese Dinger, diese Pinchos, die baskischen Tapas zum Beispiel ganz gut. [Baustellengeräusche] Das hier ist Santa Maria del Mar. Eine andere bekannte Sehenswürdigkeit in diesem Viertel La Ribera. Santa Maria del Mar, die Jungfrau des Meeres. In Deutschland eigentlich bekannt unter denjenigen, die gerne historische Romane lesen. Ein Rechtsanwalt aus Barcelona hat vor einigen Jahren schon ein bekanntes Buch geschrieben auf Spanisch und Katalanisch “La Catedral del Mar”, auf Deutsch “Die Kathedrale des Meeres”. Gibt es immer noch in deutschen Buchhandlungen. Sehr spannend geschrieben. So ein bisschen im Stil von den Säulen der Erde von Ken Follet. Es geht da um den Bau dieser Kirche, eigentlich die Patronin der Fischer, der Seeleute, der Hafenarbeiter in diesem Viertel Ribera, was “Ufer” bedeutet. Die Kirche, die eigentlich den Rekord hat. Sie wurde in nur 54 Jahren beendet, weil diese Fischer, diese Hafenarbeiter eigenhändig mitgeholfen haben, diese Kirche aufzubauen. Wir können mal einen Blick reinwerfen. Das ist die schönste Kirche in Barcelona. Das ist die Kirche, in der man Hochzeit feiert, in der man heiratet in Barcelona, wenn man so eine schöne Hochzeit feiern oder eine Hochzeit eben feiern möchte. Vorsicht, da ist eine Türschwelle. Das ist Santa Maria del Mar. Ein riesen Ding. Eine ganz, ganz große Kirche komplett aus Sandstein. Sandstein aus dem Montjuïc. Ist ja üblich in Barcelona, weil man 2.000 Jahre lang alles mit diesem Sandstein aus dem kleineren Hausberg, dem Montjuïc, gebaut hat. Eine Hallenkirche. Das ist die Besonderheit der mediterranen Gotik. Von Südfrankreich bis runter die ganze Mittelmeerküste, bis runter nach Alicante. Auch auf Mallorca zum Beispiel die sehr schöne, gotische Kathedrale in Palma ist eine solche Hallenkirche. Wenn Sie diese Kirche mit dem Kölner Dom zum Beispiel vergleichen: Dort haben wir im Kölner Dom ein sehr hohes Mittelschiff, niedrige Seitenschiffe. Hier sind die Seitenschiffe fast so hoch wie das Mittelschiff.

[01:01:03] Stefan Stimmt, ja.

[01:01:03] Guide Man bezeichnet sowas in der Architekturgeschichte, Kunstgeschichte als Hallenkirche. Eine sehr schöne Hallenkirche.

[01:01:11] Stefan Das ist natürlich Wahnsinn hier mit der Wäsche, die hier von den Balkonen runterhängt.

[01:01:16] Guide Ja, wenn die – das erinnert so ein bisschen an Palermo oder Neapel, könnte man fast sagen. Die Wäsche hängt an den Balkonen, wenn es in diesen Häusern keinen Innenhof gibt oder keinen größeren Lichtschacht gibt. Wenn das vorhanden ist, da hängt die Wäsche natürlich hinten raus. Da hängen die nicht zur Straße. Aber wenn nicht, dann muss sie halt zur Straße raushängen. Schauen Sie mal, das da hinten möchte ich Ihnen auch mal zeigen: Ganz hinten kommt ja ein Herr hergelaufen mit großen, orangenen Flaschen. Das sind Butangasflaschen. Das ist – [Klopfen] der haut auch so mit dem Schlüssel dran, damit man weiß, er kommt, und dann wird eben oben aufgemacht und runtergeschrien: “Ja, hier, Nummer 18, vierter Stock”, dann lässt er alles stehen, nimmt so eine Butangasflasche auf die Schulter, rennt rauf ohne Aufzug.

[01:02:01] Stefan Wow.

[01:02:02] Guide Gibt die ab, die volle, nimmt die leere mit, kassiert die volle natürlich, denn mit Butangas wird in solchen Bereichen immer noch geheizt, gekocht, geduscht, wo eben die alten Häuser aus dem 17., 18., 19. Jahrhundert nicht nachgerüstet worden sind, mit Stadtgas. In Barcelona gibt es Stadtgas natürlich. Aber wo es das nicht gibt, wie in solchen zentralen Bereichen der Stadt, diese alte in der Altstadt, die Leute, die verwenden dann Butangas. Also der “Butanero”, wie der heißt auf Spanisch, ist eine wichtige Persönlichkeit. Eine angenehme, nette, ruhige Stelle in diesem Teil der Altstadt, wo eben nicht so viele Besucher unterwegs sind, mit einer ganz normalen spanischen Kneipe. Hier auf der katalanischen Kneipe UNVERSTÄNDLICH, wo man ganz gut essen kann. Was man auch in Barcelona tun kann zum Beispiel, ist sich mittags mit einem Tagesmenü zu verpflegen. Da steht dran an diesem UNVERSTÄNDLICH, so heißt die Kneipe, “Menu”, also “Menü” 12€.

[01:03:09] Stefan Das habe ich gestern gemacht, ja.

[01:03:10] Guide Ja, da gibt es eben einen ersten Gang, einen zweiten Gang, Brot, Getränk und Nachspeise zu 12€. Also es gibt viele, viele solche Stellen, wo man eben so einkehren kann mittags, wo man essen gehen kann zu diesem Preis. Vor uns eine Tapas-Stelle. Eine gute Tapas-Stelle, diese Santagustina. Und etwas, was so ein bisschen erklärt wird, vor allem den jüngeren Besuchern aus dem deutschsprachigen Raum: Hier wird mittags nicht auf der Straße gegessen. Das ist unanständig. In Deutschland ist es ja so üblich. Mittags hat man ja diese kurzen Mittagspausen und dann sieht man es häufig, wie irgendwelche jüngeren Leute mit vielleicht so einem Stück Pizza, Döner, Coffee-to-go irgendwo unterwegs sind, sich irgendwo hinsetzen auf dem Bürgersteig, auf der Treppe und dann so auf der Straße essen. Das ist in Spanien unmöglich. Das ist also unanständig. Das geht überhaupt nicht. Das kommt gar nicht gut an. Die Leute schütteln alle mit dem Kopf. Das tun nur die Touris. Der Spanier, der Katalane, der Barcelonese, der setzt sich mittags hin, der isst ganz anständig mit Messer und Gabel draußen auch auf der Terrasse, innendrin, aber er isst sitzend mit erstem Gang, zweiten Gang, Nachspeise und Kaffee. Immer. Ja.

[01:04:20] Stefan Und wenn ich mir jetzt morgens was zu essen hole? Kann ich das auf der StraĂźe essen oder ist das schon eine Grauzone?

[01:04:29] Guide Das wäre Grauzone. Das wäre Grauzone, ja. Richtig ist das nicht.

[01:04:34] Stefan Ist ja mal eine –

[01:04:34] Guide Anständig ist das nicht.

[01:04:35] Stefan Interessante Information, ja. Bin ich schon darauf reingefallen. Habe ich schon gemacht.

[01:04:39] Guide Ja, ja, dieses Auf-der-Straße-essen, das kommt nicht gut an. Können Sie machen. Niemand wird Ihnen was sagen, aber die echten Spanier werden alle mit dem Kopf schütteln und sagen: “Schau mal, einer, der sich nicht auskennt. Einer, der unanständig ist” [Lachen] Das hängt eben natürlich auch mit diesen Traditionen zusammen, mit dieser Geschichte mit der Siesta, die dreistündige Mittagspause. Im Büro ist die nur eine Stunden oder 1,5 Stunden lang, aber diese Mittagspause, diese 1,5-stündige Mittagspause, die hat man. Das heißt, man geht mit Arbeitskollegen dann irgendwo runter.

[01:05:09] Stefan Ja.

[01:05:09] Guide Und isst anständig, wie sich es gehört, ja. Nicht irgendwo so schnell ein Stück Pizza auf die Hand, sondern eben sitzend im Restaurant – Tagesmenü 12€. Wie gesagt, erster Gang, zweiter Gang, Nachspeise, Kaffee, dann wird geplaudert. Die Welt in Stand gebracht und dann geht es irgendwann mal wieder zurück ins Büro.

[01:05:27] Stefan Dazu muss ich eine Detailfrage stellen: Kann ich mir ein Eis holen?

[01:05:31] Guide Ja, das schon. Ja, Sie dürfen Eis auf der Straße essen, Sie können auch so eine Tüte Churros auf der Straße essen, Sie können auf der Straße auch von einer Flasche einfach trinken, ja, Wasser zum Beispiel. Was natürlich wieder nicht geht, ist mit einer Weinflasche oder so mit einer Bierflasche durch die Gegend zu laufen.

[01:05:48] Stefan Ja.

[01:05:48] Guide Das würden die Spanier auch als unanständig empfinden. Dafür würden sie sich hinsetzen. Das ist vielleicht auch eine Frage der Priorität. Im südeuropäischen Raum wird gerne gut gegessen. Auch am Wochenende geht der Spanier, auch wenn er nicht so viel verdient, gerne mit der ganzen Familie, mit der ganzen Sippe irgendwo aus. Dann gehen sie gut Fisch essen. Dafür fährt der Spanier vielleicht ein kleineres Auto.

[01:06:35] Stefan Ja.

[01:06:36] Guide Keinen Audi, keinen Mercedes. Er begnügt sich mit einem Skoda, mit einem Seat, mit einem Renault oder einem Citroen – hat auch vier Räder – und geht aber dafür gut essen mit der ganzen Familie. Also dieses Thema der Prioritäten, das spielt auch eine Rolle. Für einen Südeuropäer ist eben so etwas wie gut essen gehen, mit der Familie zu feiern, richtig Urlaub zu machen in einer vielleicht kleinen, gemieteten Sommerwohnung dann vier Wochen lang, drei Wochen lang mit Sack und Pack, mit Kind und Kegel alle zusammen – das ist für ihn wichtig. Das hat für ihn Bedeutung. Nicht irgendwie ein großes Auto zu fahren. Diese Ecke hier, das ist die Straße UNVERSTÄNDLICH Ecke UNVERSTÄNDLICH, dem heiligen Petrus. Die ist ja auch interessant. Wenn man nämlich ein bisschen aufpasst und kuckt, kann man eigentlich das erkennen oder wiedererkennen, was ich Ihnen ganz am Anfang erzählt habe: Die Stadterweiterung. Das Schachbrett.

[01:07:37] Stefan Ja, ja.

[01:07:38] Guide Europas größtes Schachbrett beginnt hier zum Beispiel. Das ist eine Nahtstelle. Hier schließt das Schachbrett – schauen Sie mal die gerade gezogenen Straßen. 20m breit. Querstraßen immer im rechten Winkel, abgeschrägte Ecken. Da oben überall mit den vielen Bäumen übrigens. Das macht Barcelona so schön grün aussehen, obwohl wir eigentlich wenige Parks haben. Das ist die Stadterweiterung und hier hinter uns, wo wir stehen, eigentlich die Altstadt. Das organisch gewachsene, enge, verwinkelte und hier die geplante, zweite Stadt. Zwei ganz unterschiedliche Stadthälften. Das bürgerliche Barcelona hier oben noch sehr, sehr interessant. Sehr schön. Tolle Bausubstanz. Die Gaudí Bauten stehen alle oben. Ja, und das ist die Stelle, die ich Ihnen als letztes zeigen wollte. Das ist der Palau de la Música Catalana. Eines der besten Exempel für diesen verrückten, fantasievollen, übertriebenen, fantastischen Jugendstil. Der Jugendstil in Katalonien – Jugendstil in Spanien gibt es nur in Katalonien. Das war dieser Stil dieser bürgerlichen Schichten. Diese Bourgeoisie, dieses Bürgertum, die haben sich gerne ihre Wohnhäuser in diesem Stil errichten lassen, und ein privater Gesangverein hat zwischen 1905 und 1908 das da gebaut. Palau de la Música Catalana gehört heute immer noch diesem privaten Gesangverein. Oben ist ein Konzertsaal mit 2.200 Sitzplätzen und das Ding ist einfach verspielt, fantasievoll, farbig, bunt, unglaublich. Man kann es gar nicht beschreiben. Die Stelle ist UNESCO Weltkulturerbe schon seit Jahrzehnten. Eines der tollsten Exempel für den katalanischen Jugendstil. Man schaut sich hier zum Beispiel die unverputzten Ziegelsteine an, die Mosaiken, diese Steinarbeit in Naturstein, die Glasbalustraden, diese Säulen, die überhaupt keine tragende Funktion haben, verschiedene Verzierungselemente und Büsten von bekannten Komponisten, zum Beispiel Wagner.

[01:09:34] Stefan So, wie heiĂźt die U-Bahn-Station hier?

[01:09:35] Guide So, die U-Bahn-Station heiĂźt Urquinaona. Das ist eine Station der Roten Linie. Hier geht es auch durch den Tunnel durch auf die Gelbe, aber Sie mĂĽssen jetzt mit der Roten fahren. Wir gehen jetzt mal runter.

[01:09:49] Stefan Die Karten gibt es in der U-Bahn?

[01:09:50] Guide Die Karten gibt es, bevor man reingeht, an Automaten. In den Bussen gibt es übrigens keine Karten, das heißt, wir haben einen UNVERSTÄNDLICH und die Karten, die man in der U-Bahn kauft, sind auch für die Busse gültig. Man muss also hier so ein bisschen schauen. Auf dem Automaten kommt das zum Vorschein. Das erste sind die Tageskarten. Zwei, drei, vier, fünf Tageskarten. Einzelfahrschein. Der Einzelfahrschein kostet in Barcelona 2,20€.

[01:10:13] Stefan Ja.

[01:10:14] Guide Aber vielleicht erkläre ich Ihnen noch, dass der normale Barcelonese nicht mit diesem UNVERSTÄNDLICH, mit dem Einzelfahrschein, sondern mit der T10 fährt. Die T10 ist eine Zehnerkarte. Die ist übertragbar. Zwei, drei, vier, fünf Personen bis zu zehn können mit der gleichen fahren. Wenn man hier drauftippt, kostet die nur 10,20€. Wenn Sie das auf Einzelfahrscheine umrechnen, bedeutet das, wenn Sie viereinhalbmal, also fünfmal gefahren sind, sich die T10 schon gelohnt hat, denn jede Fahrt kostet 1€. Und Barcelona hat keine Zonen. Also das ist das System, mit dem sich 90% der Barcelonesen fortbewegen. Natürlich gibt es auch Monatskarten und soweiter, aber die T10 wäre das Normale für einen Barcelonesen und auch wenn Besucher, also Touristen, nach Barcelona kommen und einige Tage in Barcelona sind, werden sie vielleicht jeden Tag mal zweimal fahren, dreimal – da lohnt sich so eine T10 schon, denn die gilt auch ein Jahr lang. Ist übertragbar und gilt ein Jahr lang, ja. Aber in Ihrem Falle, wenn Sie ja nur einmal fahren, dann werden wir hier abbrechen und dann tippen Sie auf “UNVERSTÄNDLICH”.

[01:11:12] Stefan Ja.

[01:11:12] Guide Übrigens spricht man Sprachen. [Piepen] Also das gibt es auch auf Englisch. Single Ticket. Wir tippen hier auf “Single Ticket” und das kostet 2,20€.

[01:11:21] Stefan So, zwei und –

[01:11:24] Guide Es kommt auch Wechselgeld raus, also wenn Sie das nicht exakt hätten.

[01:11:28] Stefan Ach so, das war jetzt einmal –

[01:11:30] Guide So, jetzt fehlt noch 1€. [Klappern] Ihr Wechselgeld käme unten auf der rechten Seite raus – in diesem Falle nicht mehr – und dann haben Sie links gleich den Einzelfahrschein. So.

[01:11:44] Stefan Vielen Dank.

[01:11:45] Guide Das ist die Karte. Ich mache das mal – ich fahre jetzt auch U-Bahn.

[01:11:47] Stefan Ja.

[01:11:47] Guide Allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Das muss dann hier durchgegeben werden und auf der rechten Seite geht es dann durch das Ganze durch. [Automatengeräusch]

[01:11:59] Stefan [Durchsage] Ah.

[01:12:00] Guide Und jetzt durch.

[01:12:00] Stefan Ah, ok. [Klappern]

[01:12:02] Guide Also richtig wäre es: Reinschieben, erst beim Rausziehen leuchtet es grün auf und ich kann durchgehen. So, Sie müssen dann hier auf der anderen Seite runter. Vorne müssen Sie rechts runter und dann müssen Sie von hier fünf Stationen bis Plaza España, den Platz Spaniens.

[01:12:21] Stefan Ok.

[01:12:23] Guide Ich gehe zurĂĽck in die andere Richtung.

[01:12:24] Stefan Vielen, vielen Dank.

[01:12:25] Guide Gern geschehen. Viel Spaß noch. Oder fliegen Sie heute noch zurück? Ja? Viel Spaß beim nächsten mal.

[01:12:29] Stefan Danke, bis dann. TschĂĽĂź.

[01:12:29] Guide Ja, TschĂĽĂź.

[01:12:38] Stefan Das war es fĂĽr die heutige Folge aus der Altstadt von Barcelona. In Barcelona gibt es noch viel, viel mehr zu sehen. Wenn Sie das interessiert, schreiben Sie mit bitte eine E-Mail an stefan@wintermeyer.de, dann fliege ich vielleicht noch mal hin, mache noch mal einen anderen Podcast. Bis dann. TschĂĽĂź.

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